Sternklare Zahnschmerzen - Die CD

ZITAT DES MONATS

Immer wieder finden sich Eskimos, die den Afrikanern sagen, was sie zu tun haben.

Stanislaw Jerzy Lec (1909-1966)



Singen zu Sankt Martin in Corona-Zeiten

Nov

13.

Ding, Dong! Es klingelt an der Haustür. Mit Laternen und Tüten bewaffnet stehen dort drei maskierte Grundschulkinder aus der Nachbarschaft. Sie holen schon tief Luft und wollen gerade anfangen, eins der gängigen Martinslieder anzustimmen. Ich schaffe es gerade noch, sie durch die Türsprechanlage zu unterbrechen: "M-o-m-e-n-t! Bevor ihr anfangt, erst das Kontaktformular ausfüllen!"

Ich schiebe ihnen Stift und Papier durch den Briefkastenschlitz. Zähneknirschend stellen sie ihre Tüten ab, legen die Laternen daneben, knien sich auf den Steinboden und kritzeln ihre Namen auf den Bogen. "Und bitte auch die Handy-Nummer", worauf sie ihre Handys zücken und sich gegenseitig ihre Nummern diktieren. "Jetzt noch Datum und Uhrzeit ... !" Die Stimmung sinkt stetig. Die Frage "Habt ihr auch die Corona-Warn-App eingeschaltet?" wird bejaht. "Sehr gut!" lobe ich sie, um ihre Laune etwas aufzuheitern. "Laut Verordnung des Landes NRW wisst ihr sicherlich, dass der Mindestabstand beim Singen 4 Meter betragen muss!" bringe ich die aktuellen Einschränkungen dieser Tage noch einmal ins Gedächtnis. "Also am besten stellt ihr euch mal da hinten in den Garten ...!" Nachdem sie den ausgefüllten Bogen und Stift wieder in den Briefkastenschlitz gesteckt haben, trotten sie zur Hecke. Ich öffne die Tür einen kleinen Spalt, spinkse hindurch und sehe, wie die Kids beginnen, lustlos "Sankt Martin, Sankt Martin" zu leiern. Ich nutze die Zeit, zwei Schokoriegel zu desinfizieren und mit Abstand vor die Haustüre zu legen. Als das Lied vorbei ist, schließe ich die Tür wieder und beobachte durch den Spion, wie sich die Kinder ihre ersungene Belohnung holen.

Ja ja, Kinder brauchen einfach Rituale! Und ich bin nun wirklich der Letzte, der nicht alles geben würde, Kinder hierbei so gute es geht zu unterstützen. Gute Traditionen wollen auch den schwierigen Zeiten angepasst gepflegt werden!




P.S.: So war es natürlich nicht :-) Meine Nachbarin fragte, ob die Kinder denn - wenn schon sonst nirgendwo - wenigstens bei uns singen kommen dürften. "Na klar!" sagte ich. In gebührendem Abstand haben sie stolz ihre Laternen präsentiert und schön gesungen haben sie zu meiner und ihrer Freude auch!



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